Lesen als Schlupfloch zur Welt und zu neuen Facetten der eigenen Persönlichkeit

Stromberg-Gymnasium kürt Schulsiegerin des Vorlesewettbewerbs

Die pandemische Lage macht die Welt momentan ein kleines bisschen kleiner. Wer kennt es in der aktuellen Situation nicht: die Zusammenkunft mit Freunden, der Besuch bei Verwandten in einem anderen Bundesland, die Reise auf einen anderen Kontinent – all dies wird derzeit gründlich abgewogen. Lesen ersetzt diese Begegnungen zwar nicht, ermöglicht uns aber an Ort und Stelle das Eintauchen in fremde, bislang unergründete Welten, eröffnet das Zusammentreffen mit spannenden Figuren und erweitert so unser Blickfeld. 

Sich selbst auf solch eine kleine Reise zu begeben und andere durch das Vorlesen daran teilhaben zu lassen, ermöglichte den Sechstklässlerinnen und Sechstklässlern des Stromberg-Gymnasiums in ganz besonderem Maße die Teilnahme am alljährlich stattfindenden Lesewettbewerb des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. So erlebten die sechsten Klassen in Vorbereitung auf die Feststellung des Klassensiegers bzw. der Klassensiegerin, dass Lesen eine Tätigkeit ist, die nicht nur allein hinter verschlossenen Kinderzimmertüren stattfindet, sondern auch ein gemeinschaftliches Erlebnis, eine gemeinsam unternommene Reise sein kann, bei der man neue Erfahrungen teilt und sich über interessante Begegnungen austauscht.

Im Rahmen des Schulentscheides, der am 14. Dezember stattfand, ermöglichten die fünf Klassensiegerinnen dann der Jury, die sich aus den Deutschlehrkräften der sechsten Klassen und dem im Vorjahr gekürten Schulsieger zusammensetzte, allein durch ihre Stimme die Teilhabe an außergewöhnlichen Begegnungen an den unterschiedlichsten Orten. In den lebhaft vorgetragenen Lieblingstextstellen der vorlesenden Schülerinnen konnte man so Gestaltenwandlern im US-amerikanischen Bundesstaat Wyoming begegnen (Woodwalkers – Katja Brandis), in der Pulvergasse Spielzeugen beim Sprechen zuhören (Waldo Wunders fantastischer Spielzeugladen – Anne Scheller) oder Lenny und Melina im Skatepark beobachten (Lenny, Melina und die Sache mit dem Skateboard – Sabine Zett). 

Obwohl alle Beiträge von den Schülerinnen sorgsam vorbereitet worden waren, konnte schließlich in einem Kopf-an-Kopf-Rennen Alina Istogu (6b) die Jury von sich überzeugen. Die Sechstklässlerin las nicht nur ihre mitgebrachte Textstelle sehr lebendig vor, sondern meisterte darüber hinaus auf beeindruckende Weise den sprachlich nicht ganz einfachen Auszug aus Otfried Preußlers „Krabat“, der den Teilnehmerinnen als Fremdtext unvorbereitet vorgelegt wurde. Alina gelang es, die Jurymitglieder mit Hilfe ihrer Stimme in die schaurig schöne Atmosphäre der Mühle im Koselbruch in der Nähe des Ortes Hoyerswerda zu versetzen, die die Hauptfigur Krabat im ausgewählten Romanauszug zum allerersten Mal im abendlichen Nebel erblickt. Allerdings verwandelte Alina beim Vorlesen nicht nur das Klassenzimmer in eine marode und muffig riechende Mühle, sondern durchlief auch selbst eine Wandlung. So lobte vor allem der Vorjahressieger, wie die beim Eintritt in das Klassenzimmer zunächst schüchtern wirkende Schülerin mit zunehmendem Eintauchen in die Geschichte aufgeblüht sei und an Präsenz vor ihrem Publikum gewonnen habe. Sie führte eindrucksvoll vor, dass man als (Vor-)Lesende(r) nicht nur andere Welten entdeckt, sondern auch neue Seiten an sich selbst. Wir sind also schon gespannt, auf welche Reise Alina sich mit uns zusammen beim Kreisentscheid im nächsten Februar begibt.

Bericht: Jk, Foto: Kä

Die Schulsiegerin mit den Klassensiegerinnen (von links nach rechts): Julia Stehle (6b), Despina Seyb (6a), Alina Istogu (6b), Hannah Liemersdorf (6c) und Viktoria Mauch (6c)