Oper trifft Oberstufe: Ein packender Abend voller Eindrücke

Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 und 2 besuchen „Salome“ in Stuttgart

Ein frustriertes junges Mädchen, vernachlässigt von ihrer egozentrischen, gefühlskalten Mutter und ihrem Stiefvater, der sich ihr gegenüber immer wieder übergriffig verhält, wirft sich dem erstbesten ebenso charismatischen wie radikalen Influencer an den Hals, um so endlich Anerkennung und Bestätigung zu erhalten und gleichzeitig ihre Eltern zu strafen. Da dieses unpassende Objekt der Begierde ihre Annäherungsversuche jedoch barsch zurückweist, nutzt das Mädchen in einem Akt von Rebellion und Verzweiflung seine Macht, um sich das Ersehnte mit brutaler Gewalt verfügbar zu machen.

Was klingt wie der Plot einer Netflix-Serie, ist in Wahrheit die Handlung der Oper „Salome“ von Richard Strauss aus dem Jahr 1905, der die biblische Erzählung zugrunde liegt, wie Johannes der Täufer (in der Oper: der Prophet Jochanaan) durch eine Palastintrige am Hof des Herodes zu Tode kommt. Um sich von der Aktualität des Stoffes zu überzeugen und gleichzeitig erste Opernerfahrungen zu sammeln, besuchten am vergangenen Samstag Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 und 2 in Begleitung von Frau Hammel, Herrn Bertrams und Herrn Kühn eine Aufführung des Stücks an der Staatsoper in Stuttgart.

„Salome“ ist keine klassische „Einsteigeroper“. Musikalisch muss man sich an ihren Duktus erst gewöhnen – doch das packende dramatische Bühnengeschehen lässt zusammen mit der suggestiven Musik schnell das Gefühl aufkommen, man verfolge einen spannenden Film mit entsprechendem Soundtrack. Das rund 100 Minuten dauernde Stück eröffnet im Laufe der Handlung zahlreiche Spannungsfelder und Thematiken: Es geht um eine unerwiderte, wahnhafte Liebe – dabei steht stets zur Debatte, ob diese Liebe von erotischer Obsession überhaupt unterscheidbar ist. Es geht um Abhängigkeiten innerhalb einer dysfunktionalen Familie, um Macht und darum, wie die unterschiedlichen Protagonisten sie (aus-)nutzen. Und auch die schädlichen Folgen unaufgeklärter Religiosität sollen (oft ironisch-grotesk dargestellt) entlarvt werden.

Vor diesem Hintergrund erwartet die Zuhörerinnen und Zuhörer ein reiches Angebot an Themen und Handlungssträngen, die alle nach wie vor aktuelle Anknüpfungspunkte bieten. Der russische Regisseur Kirill Sebrennikow – seit Jahren von der russischen Regierung in seinem Wirken durch Repressionen eingeschränkt – entschied sich zum Beispiel dafür, das Motiv der Propheten-Rhetorik am Beispiel von islamistischem Terror ins Licht eines fundamentalistischen Weltbildes zu stellen. Parallel dazu flackern (gemäß dem Motto „eine kaputte Familie in einer kaputten Welt“) Nachrichtenbilder von Terror, Krieg, Populisten und Diktatoren aus allen Teilen der Welt über große Bildschirme im Hintergrund, während sich eine dekadente Partygesellschaft im Vordergrund ihren eigenen Gewaltfantasien hingibt.

Das Publikum quittierte die Vorstellung mit herzlichem Applaus. Den begeistertsten Beifall ernteten die Sopranistin Simone Schneider in der Titelrolle der Salome sowie der Bassist David Steffens, welcher dem Propheten Jochanaan seine Stimme lieh. Auch das 102 Musikerinnen und Musiker umfassende Orchester, das dicht an dicht im Orchestergraben platziert war, beeindruckte durch seinen Reichtum an Klangfarben und dynamischen Nuancen.

Im Anschluss an die Vorstellung blieb der Crew des Stromberg-Gymnasiums noch Zeit für ein gemeinsames Gruppenfoto sowie für den Austausch über das soeben Erlebte: Wie hat die Inszenierung gefallen? Welche künstlerischen Kniffe haben besonders überzeugt? Welche Eindrücke möchte man noch einmal diskutieren und vertiefen? – So zeigte sich wieder einmal eindrücklich, dass uns die Kunst im besten Sinne „betroffen“ machen und zum intensiven gemeinsamen Austausch anregen kann.

Bericht: Hx, Bm und Kü 

 Fotos: Kü (Bild 1), Mitarbeiter der Staatsoper Stuttgart (Bild 2)