Packende Drehs zu Diebstahl, Mord und Mobbing

Stromberg-Gymnasium reicht Kurzfilme mit dramatischen Handlungen beim Bundeswettbewerb Fremdsprachen ein

Konzentriertes Arbeiten am Drehbuch

Andrew würde so gerne mit seinen Freunden eine Reise nach London machen. Allein: Nach der Scheidung der Eltern verweigert der Vater seiner Ex-Frau und seinem Sohn jegliche finanzielle Unterstützung. Das bringt Selim, Mitglied seiner Clique, auf einen verwegenen Gedanken: „Während wir hier sitzen und über Andrews Probleme reden, gibt es da draußen Reiche, die sich darum einen Dreck scheren“, formuliert der Jugendliche mit Pathos – und auf Englisch. „Das Leben ist nicht fair – also sind wir es auch nicht!“ Die Folge: Die Jungen beschaffen sich das benötigte Geld auf illegale Weise: Sie verkaufen Lösungen für Klassenarbeiten, stehlen Handys und Fahrräder und rauben jüngere Schüler aus. Richtig dramatisch wird es aber erst, als Selim von einem der Freunde dabei erwischt wird, wie er in die eigene Tasche wirtschaftet. Die Clique setzt fortan alles daran, Selim mit seinem illoyalen Verhalten nicht davonkommen zu lassen.

Die spannende und kurvenreiche Handlung hat sich eine Schülergruppe aus der Klasse 8a des Stromberg-Gymnasiums für ihren Kurzfilm „Money is the matter“ ausgedacht, den sie Mitte Februar beim Bundeswettbewerb Fremdsprachen eingereicht hat. Die Aufgabe besteht darin, einen selbst erstellten Film oder ein Hörspiel von maximal zehn Minuten Länge in einer oder mehreren Fremdsprachen einzusenden. Thematisch setzen die Veranstalter, die gemeinnützige GmbH Bildung und Begabung, den Jugendlichen keine Grenzen. 

Inspirieren ließen sich die acht Jungen von dem Sprichwort „Geld regiert die Welt“. „Geld ist in der heutigen Zeit sowohl ein Grund als auch die Lösung für viele Probleme“, erklärt die Gruppe. Ob sie es für legitim hält, erlittenes Unrecht durch neues Unrecht auszugleichen? Darüber muss sich der Zuschauer selbst Gedanken machen, die Schüler lassen diese Frage bewusst unbeantwortet. Auch schielen sie mit ihrem Film nicht in erster Linie auf einen Preis. „Unser Ziel war es, einen spannenden Film fürs Publikum zu drehen“, erklärt Batuhan Öztürk – und freut sich mit seinen Mitstreitern Lennart Blasius, Bennet Borchardt, Erik Daubner, Paul Feist, Finjan Huber, Micha Maier und Anian Ungerer schon darauf, den Film bei passender Gelegenheit der Schulgemeinschaft vorzustellen.

Dreharbeiten vor dem Rektorat…

Mit Formen des Unrechts und Möglichkeiten des Umgangs damit beschäftigen sich zwei weitere Gruppen in ihren Wettbewerbsbeiträgen. Eine Kriminalhandlung stellen auch Maria Antoniuk, Anjali Veigel, Urs Kneifel, Markus Mann und Mika Owerfeldt (alle 8b) in den Mittelpunkt ihres Films. In „The Rainbow Killer“ ist ein Kommissar damit betraut, den Tod des vierzehnjährigen Max aufzuklären. Nach und nach kommt ans Licht, dass Max während eines Streits zu Tode kam, bei dem es um seine sexuelle Identität ging. Auch wenn deutlich wird, dass es sich bei dem Todesfall um ein tragisches Unglück handelt und nicht etwa um einen kaltblütig geplanten Mord: Die Täterin kommt am Ende der Handlung nicht umhin, sich ihrer Schuld zu stellen und die Konsequenzen anzunehmen. 

Mag das Thema „sexuelle Identität“ Schülerinnen und Schüler der Mittelstufe allgemein stark beschäftigen, so ist es nicht der einzige Anlass für Diskriminierungen. Dass dies den jungen Filmemachern sehr wohl bewusst ist, zeigt sich im Abspann des Films. Hier weiten die Jugendlichen den Blick auf andere Ursachen: „Oft müssen Menschen sterben, nur weil sie sie selbst sind – in Bezug auf ihre sexuelle Identiät, ihre Herkunft oder ihr Geschlecht“, heißt es dort. Und weiter: „Wir können den ersten Schritt tun und es besser machen. Wir sind alle nur Menschen. Warum also akzeptieren und lieben wir andere nicht einfach für das, was sie sind?“ Der Kurzfilm endet mit einem klaren Appell an „die Gesellschaft“: „Ändere dich!“

…und auf dem Schulhof

Wie jede und jeder Einzelne etwas zu einer toleranteren Gesellschaft beitragen kann, und zwar durch Reflexion des eigenen Verhaltens, zeigt sich im dritten Filmbeitrag des Stromberg-Gymnasiums. Die ersten Szenen des Clips „You are more than that“ spielen im Jahr 2055 in London. Das futuristische Setting ist daran erkennbar, dass die Charaktere einen Schutzhelm gegen radioaktive Strahlen von Aliens tragen müssen. Hauptsächlicher Inhalt des Films sind aber Gefahren für das psychische Wohlbefinden: Charlotte, Mutter der Schülerin Lucy, entdeckt durch einen Zufall, dass ihre Tochter an Cybermobbing-Attacken gegen ihre Klassenkameradin Abigail beteiligt ist. Um sie zur Besinnung zu bringen, erzählt sie von einigen Begebenheiten aus ihrer Jugend: Seinerzeit, im Jahr 2022, wurde sie selbst Mobbing-Opfer, da sie am Tourette-Syndrom litt. Zuspruch erhielt sie von Felicity, einer Beschäftigten aus der Schulmensa, die einen Teil der Attacken beobachtet hatte, und ihr zu mehr Selbstbewusstsein verhalf. Aufgrund der Erfahrungen ihrer Mutter bittet Lucy Abigail schließlich um Verzeihung.  

Für Ana Janeva (8c), Victoria Jordan (8b) und Mija Kühnle (8a) lieferte das gemeinsame Interesse am Tourette-Syndrom, seinen Symptomen und seinen möglichen sozialen Folgen die Idee zur Filmhandlung. Die drei Schülerinnen übernahmen bei der Umsetzung ihrer Handlung gleich mehrere Rollen, was hohe Anforderungen an ihre Wandlungsfähigkeit stellte. Einen Teil der Dialoge gestalteten sie zudem auf Französisch. 

Erarbeitet und gedreht wurden die Filme im Rahmen des schulischen Differenzierungsangebots. Hier erhalten Schülerinnen und Schüler Raum, in selbstgewählten Projekten und ohne Notendruck ihre Stärken zu vertiefen, und werden dabei von Lehrkräften unterstützt. Am Bundeswettbewerb Fremdsprachen, der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, beteiligt sich das Stromberg-Gymnasium zum zweiten Mal. Während im vergangenen Schuljahr alle drei Beiträge aus Klassenstufe 8 mit einem Preis auf Landesebene ausgezeichnet wurden, bedachte die Jury den Film „The New Kid“ sogar mit einem ersten Platz auf Bundesebene. Druck, diesen großartigen Erfolg aus dem Vorjahr zu wiederholen, verspüren jedoch weder die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler noch die betreuenden Lehrkräfte Lena Grundmüller und Christoph Schüly. Es gilt der olympische Gedanke: „Nicht siegen, dabei sein ist wichtig.“

Bericht und Fotos: Sy