Eine magische Welt zum Leben erweckt

Stromberg-Gymnasium kürt Schulsiegerin des Vorlesewettbewerbs

Seit jeher erzählen sich Menschen Geschichten. Alte Volkssagen erklären historische Ereignisse – wie im Falle des Nibelungenliedes den Untergang des Burgundenreichs. Märchen wie Rotkäppchen können mahnen, sich stets an den elterlichen Rat zu halten – Regelverstöße wie das Verlassen des Weges werden mit den Intrigen des bösen Wolfes bestraft und Fabeln belehren, dass manche Charaktereigenschaften in einer Gesellschaft eher von Nachteil sein können. So landet der Ziegenbock in Äsops Fabel „Der Fuchs und der Ziegenbock“ aufgrund seiner Leichtsinnigkeit allein und hilflos im Brunnen. Das Erzählen von Geschichten erfüllt also unterschiedliche Funktionen, vor allem soll es aber eines: Freude bereiten und uns in magische Welten entführen.

Geschichten kann man sich auch erzählen, indem man vorliest. So sagt Rufus Beck, Sprecher der „Harry Potter“-Hörbücher, über seinen Beruf: „Ich sage nicht gerne lesen, ich nenne es erzählen. In dem Moment, wo man die Stimme hört, laut hört, ist es ein Erzählen und ein Vortragen.“ Im Rahmen des Vorlesewettbewerbs des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels am Stromberg-Gymnasium wurden somit wieder einige Geschichten in den sechsten Klassen erzählt. Bundesweit nehmen an diesem jährlich rund 600 000 Schülerinnen und Schüler der sechsten Klassenstufe teil, sodass er zu den größten und traditionsreichsten Wettbewerben Deutschlands gehört.

Am Stromberg-Gymnasium traten die vier Klassensieger Emilie Ciapura (6a), Diego Jordan (6b), Clara Stoy (6c) und Tim Kunkel (6d) beim Schulentscheid gegeneinander an. In der ersten Runde lasen sie Passagen aus den Büchern vor, deren Geschichten zu erzählen ihnen besonders am Herzen lag. Diego ließ die Zuhörerschaft als Erster an der spannenden Detektivarbeit der ??? auf einem Universitätscampus teilhaben (Teuflisches Duell – Christoph Dittert). Von Californien ausgehend öffneten die anderen Texte dann das Tor zu magischen Welten: Zunächst führte Tim nach Bondingor – eine Stadt, in der vom Zwerg bis zum Elfen ein friedliches Miteinander vorgeführt wird (Drachengasse 13 – Bernd Perplies, Christian Humberg). Von dort ging es dann mit Emilies Textstelle direkt weiter ins magische Land der Geschichten, das von einer bösen Zauberin bedroht wird (Land of Stories: Die Rückkehr der Zauberin – Chris Colfer) bis hin zu vier Schwestern, präsentiert von Clara, die ihre Zauberkraft ganz im Gegensatz dazu nur für das Gute einsetzen möchten (Vier zauberhafte Schwestern – Sheridan Winn). 

Nach der mitreißenden Präsentation der vorbereiteten Textstellen konnte der Gewinner allerdings einzig und allein durch den Fremdtext ermittelt werden. Dabei handelt es sich um eine Textstelle, die den Teilnehmenden unvorbereitet vorgelegt wird und ihnen somit besondere Lesekompetenz und Interpretationsfähigkeit abverlangt. Dazu wurde fortlaufend aus dem bekannten Jugendbuch „Krabat“ von Otfried Preußler „erzählt“. Im ausgewählten Romanausschnitt betritt Krabat, ein vierzehnjähriger Waisenjunge, die mystisch anmutende Mühle im Koselbruch und begegnet dort dem Meister, womit das magische Abenteuer rund um das mysteriöse Verschwinden von Mühlenknappen beginnt. Den durch die vielen eher nicht mehr gebräuchlichen Begriffe, wie „Schemel“ oder „Pritsche“, herausfordernden Text meisterten die Klassenbesten solide. Letztendlich konnte sich dann allerdings Emilie Ciapura – insbesondere mit ihrer kraftvollen Stimme und Präsenz im Raum – gegen die anderen Teilnehmenden durchsetzen. Sie wird das Stromberg-Gymnasium im Februar nun auf regionaler Ebene vertreten. Wie die Helden in dem von ihr gewählten Buch (Die Rückkehr der Zauberin) erhält sie damit die magische Welt der Geschichten aufrecht und erweckt diese mit ihrer Stimme hoffentlich auch dort erfolgreich zum Leben. 

Bericht: Jk