Am Tag der Befreiung musizieren verschiedene Ensembles in der evangelischen Stadtkirche für ein friedliches Miteinander
Esthers Leben ist völlig aus den Fugen geraten: Angesichts der politischen Lage musste die Schülerin aus Straßburg aufgrund ihrer jüdischen Herkunft mit ihrer Familie ihr Zuhause verlassen und lebt nun in einem Versteck bei Grenoble, in der ständigen Angst, entdeckt zu werden. Ihre beste Freundin wurde mit ihrer Familie bereits deportiert, ebenso ihr Vater. Wird sie ihn wiedersehen? Wird sie ihren Traum, Ärztin zu werden, in die Tat umsetzen können? All diese Fragen und Sorgen schreibt sie im Jahr 1942 in einem Brief an einen „Freund aus der Zukunft“ nieder.

Den Inhalt des Briefes haben sich Schülerinnen der Jahrgangsstufe eins des Stromberg-Gymnasiums, die das Leistungsfach Französisch belegen, ausgedacht. Helen Bruder und Juliane Wöhr trugen ihn im Rahmen des Friedenskonzerts – Concert de la Paix – am 8. Mai, dem Tag der Befreiung, in der evangelischen Stadtkirche Vaihingen vor, sowohl auf Deutsch als auch auf Französisch. Besonders beklemmend an dem berührenden Vortrag der beiden Schülerinnen: Ein ähnliches Schicksal wie Esther erleiden bis heute zahllose Menschen weltweit. Gerade die vergangenen Jahre haben gezeigt: Frieden ist ein genauso kostbares wie fragiles Gut, um dessen Erhalt man sich immer wieder neu bemühen muss.
In diesem Sinne haben Jugendliche und Erwachsene aus Deutschland und Frankreich mit dem Friedenskonzert ein eindrucksvolles, klingendes Zeichen für den Frieden gesetzt – „an einem Tag, der den Grundstein legte für Versöhnung und europaweites Zusammenwachsen“, wie Lene Vorreiter, Helen Bruder und Jovin Besserer (alle Jahrgangsstufe eins) zu Beginn zweisprachig betonten. „Wir möchten Mut machen und zu Frieden aufrufen.“ Gemeinsam musiziert haben verschiedene Ensembles des Stromberg-Gymnasiums in Kooperation mit der Jugendmusikschule Vaihingen sowie die „Maîtrise du Kochersberg“, die Chor-Meisterklasse der französischen Partnerschule im Elsass.

Den musikalischen Auftakt übernahm das Orchester des Stromberg-Gymnasiums unter Leitung von Thorsten Hohensee, das höchst stimmungsvoll das „Prélude“ aus dem „Te deum“ von Marc-Antoine Charpentier darbot. Wie immer mit erkennbarer Freude am Musizieren gingen die Schülernnen und Schüler des Singtreffs der Klassen 5 und 6 unter Leitung von Carmen Förnzler zu Werke und sangen mit ihren glockenhellen Stimmen sowie mit auf den Vortrag abgestimmter Gestik das „Friedenslied“ von Peter Schindler. Für den nächsten Beitrag gesellte sich unter Leitung von Elvira Lessle der Chor conTakt der Jugendmusikschule Vaihingen an der Enz und des Stromberg-Gymnasiums hinzu. Beide Ensembles gemeinsam interpretierten sehr einfühlsam Mary Donnellys Ballade „I have a dream“, in der sich der Traum von einem friedlichen Zusammenleben der gesamten Menschheit ausdrückt.
Bei dem folgenden Musikstück ging die Unbeschwertheit des Singtreffs der Klassen 5 und 6 mit dem reichen Erfahrungsschatz der Meisterklasse des Collège du Kochersberg in Trusterheim eine höchst wohlklingende Verbindung ein: Das emphatische „Et pourtant – Und trotzdem“ aus dem Repertoire der Fantastikinder ist im Rahmen einer Unterrichtsreihe zum ersten Weltkrieg entstanden. Ebenso hervorragend gelang das gemeinsame Musizieren bei einem „Adagio“ aus einer Sonate für Violine und basso continuo von Georg Friedrich Händel: Veredelt wurde der Vortrag von Emilia Kopp an der Violine und von Sehyun Kim am Klavier, beide belegen das Leistungsfach Musik der Jahrgangsstufe eins. Orientierung zwischen den Beiträgen boten Lilli Schuster (J1), Rebecca Seilmeier (10b) und Ronja Schray (9a) mit Erläuterungen zu den Liedtexten und weiteren Informationen.
Mit Georg Friedrich Händel eröffnete die Maîtrise du Kochersberg unter Leitung ihres Musiklehrers Philippe Utard auch ihre Einzeldarbietung: Von „Lascia ch’io pianga“ aus der Oper „Rinaldo“ über populäre Musikstücke wie „Bravo M. le Monde“ von Michel Fugain, „Imagine“ von John Lennon und „Another Love“ von Tom Odell bis hin zu Ludwig van Beethovens „Freude, schöner Götterfunken“ bot die Meisterklasse des Collège du Truchtersberg einen abwechslungsreichen Reigen musikalischer Werke, die die Sängerinnen und Sänger meisterhaft und mit viel Inbrunst darboten, am Klavier virtuos begleitet von Roselyne Koeniguer.

Größte Vielseitigkeit bewies auch der Chor conTakt, dessen Sängerinnen und Sänger zunächst mit „Sing Jubilate deo“ des amerikanischen Komponisten Jerry Estes überzeugte. Anschließend schlossen sie sich mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern eines eigens für das Friedenskonzert ins Leben gerufenen Chors zusammen: Carmen Förnzler und Elvira Lessle hatten im Rahmen eines Mitsingprojekts mit Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern sowie Eltern eine Reihe verschiedener Musikstücke einstudiert. Wie gut dieser neue Chor mit dem bewährten Chor conTakt harmonierte, zeigte sich bei César Geoffrays „Réunis aujourd’hui“ und der „Hymn to Freedom“ von Oscar Peterson und Harriette Hamilton. Als bei „An Irish Blessing“ von James E. Moore noch die Maîtrise du Kochersberg einstimmte, hatte das Konzert einen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Übertroffen wurde dieser noch vom gemeinsamen Abschluss-Kanon „Dona nobis pacem“: Nach einem sanften, gefühlvollen Solovortrag der Melodie von den J1-Schülerinnen Ida Fritsch am Altsaxophon und Anni Böpple am Klavier, beide aus dem Leistungsfach Musik, fanden sich dazu alle beteiligten Ensembles nochmals auf der Bühne ein. Mit seiner Botschaft „Gib uns Frieden“ hätte das Lied thematisch nicht treffender gewählt sein können.
„Heute lebe ich in Frieden. Ich bin in Deutschland geboren, aber ich spreche deine Sprache“, schreibt der fiktive Freund aus der Zukunft an die 1942 aus ihrer Heimat vertriebene Esther in seinem Antwortbrief. Sophie Bauer und Sophie Eisele, Schülerinnen des Friedrich-Abel-Gymnasiums, die das Leistungfach Französisch am Stromberg-Gymnasium besuchen, trugen die erneut bewegenden Worte im zweiten Teil des Konzerts vor. „In der Ukraine und im Nahen Osten gehen die Kriege weiter. Aber in deinem und in meinem Land haben wir Frieden.“

Nach so vielen akustischen Impulsen bestand für die Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, im Anschluss an das Konzert künstlerische Produkte zum Thema „Grenzenloser Frieden“ auf sich wirken zu lassen: In einer kleinen Ausstellung in der Stadtkirche zu bewundern waren die am Stromberg-Gymnasium entstandenen Beiträge zum Friedensplakatwettbewerb des Lions Clubs International.
Um die Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich weiter zu vertiefen, verweilten die Gäste der französischen Partnerschule, des Collège du Kochersberg, im Rahmen ihres vom EU-Programm Erasmus+ geförderten Besuchs noch ein wenig in Baden-Württemberg: Am Freitag stand ein Empfang im Institut francais in Stuttgart auf dem Programm, gefolgt von einem „Mitmachkonzert“ der Maîtrise du Kochersberg zum Europatag vor der Liederhalle sowie weiteren gemeinsamen Aktivitäten in Stuttgart und Ludwigsburg am Freitag und Samstag. Das klingende Zeichen für den Frieden hallte also das Wochenende über noch nach – und wird es hoffentlich noch lange darüber hinaus tun.
Text: Sy, Fotos: Er, Fö, Bildunterschriften: Fö















auf dem Berliner Platz.


unter fachkundiger Anleitung durch Muttersprachlerinnen des Instituts.





Residenzschloss Ludwigsburg als „frankophilster Ort in ganz Deutschland“.


gegründet, und direkt unter dem Balkon des Residenzschlosses hielt Charles de
Gaulle im Jahr 1962 seine „Rede an die deutsche Jugend“, ein entscheidender
Schritt hin zum deutsch-französischen Freundschaftsvertrag.

schon jetzt auf ein Wiedersehen!