Mehr als ein Wettbewerb

Stromberg-Schülerin belegt beim deutsch-französischen Redewettbewerb des Lions Club den dritten Platz

Für viele bedeutet ein Schulwechsel vor allem eines: Abschied von alten Freunden, Ungewissheit, was nun kommen wird. Nicht aber für Helen Bruder aus der Jahrgangsstufe 1, die zu diesem Schuljahr freiwillig auf das Stromberg-Gymnasium wechselte. Für sie bedeutete der Wechsel in erster Linie, das Fach als Leistungskurs belegen zu können, das ihr seit der sechsten Klasse am meisten Freude bereitet: Französisch. Auch im Privatleben der Siebzehnjährigen spielt Französisch eine große Rolle. Neben zwei Austauschen nach Frankreich und dem regelmäßigen Kontakt zu ihrer Austauschpartnerin hört sie gerne französische Musik und mag die französische Kultur und Mentalität. Ihr gefällt auch, dass Frankreich als Land der Revolution für die Werte Liberté, Égalité, Fraternité (Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit) steht – auch wenn, so räumt sie im Gespräch ein, Ideal und Wirklichkeit natürlich immer noch nicht im Einklang seien.

Gerade deshalb konnte sie durch ihre diesjährige Teilnahme am deutsch-französischen Redewettbewerb, der alljährlich vom Lions Club veranstaltet wird, gleich zwei Themen vereinen, die ihr sehr am Herzen liegen: Ihre Leidenschaft für die französische Sprache, wie auch das Thema Gleichheit. Denn bei diesem Wettbewerb werden die deutschen und französischen Teilnehmenden vor die Aufgabe gestellt, einen zehnminütigen Vortrag zu einem anspruchsvollen Leitgedanken aus Philosophie, Politik oder Gesellschaft auf Französisch beziehungsweise Deutsch, also in der jeweiligen Fremdsprache, zu halten. Das diesjährige Zitat stammt von Nelson Mandela, der 1993 den Friedensnobelpreis erhielt: „Die Überwindung der Armut ist kein Akt der Nächstenliebe, sondern ein Akt der Gerechtigkeit“ („Vaincre la pauvreté n’est pas un acte de charité, c’est un acte de justice“). Von ihrer Französischlehrerin Anja Fink zur Teilnahme am Wettbewerb ermuntert, recherchierte Helen das diesjährige Thema und entschied sich vor deshalb, das zur Qualifikation notwendige Video einzureichen. Daraufhin wurde sie zum binationalen Finale in Saint-Avold eingeladen, bei dem die besten zehn Rednerinnen und Reder, fünf aus Deutschland, fünf aus Frankreich, ihren Redebeitrag vor Ort halten dürfen. In ihrer Rede appellierte sie vor allem an die Industrienationen, ihrer Verantwortung für die Armut in Entwicklungsländern nachzukommen: Sie machte darauf aufmerksam, dass der von Europa ausgegangene Kolonialismus, aber auch die durch die Industrieländer geführten Kriege, wie auch ihr Verschulden am Klimawandel die Ursachen für die große Ungleichheit bei der Verteilung von Wohlstand zwischen verschiedenen Ländern seien.

Neben dem Wettbewerb und dem Thema, das sie sofort begeisterte, war für Helen aber auch der interkulturelle Austausch wichtig. So erzählt sie, dass sich vor dem Finale alle Teilnehmenden, deren Angehörige, die Organisatoren und Jurymitglieder zum Abendessen getroffen hätten, um sich – bei einem entspannten französischen Abendessen – kennenzulernen und ins Gespräch zu kommen.

Auch wenn für Helen das Zusammenkommen und der persönliche Zugang zum Thema eine mindestens genauso wichtige, wenn nicht sogar eine größere Rolle als der Wettbewerb selbst spielten, sei an dieser Stelle erwähnt, dass sie den dritten Platz belegte –   gerade weil, so die Jury, Helen mit ihrer Rede ihrer Verbundenheit zum Thema so großen Ausdruck verleihen konnte. Am Ende bleibt aber viel mehr als das: die geknüpften Kontakte, die Freude an der Sprache, die Motivation, die eigenen Sprachkenntnisse noch weiter zu vertiefen, wie auch der Wunsch, während des Studiums eine Zeit lang in Frankreich zu leben. Der Schulwechsel, das zeigt sich, bedeutet nicht nur Abschied von Altem, sondern auch einen Zuwachs an Erfahrungen und Möglichkeiten.

Bericht: Jk, Foto: Er