Mit dem Kurzfilm „Follow the Trend?“ qualifiziert sich eine Schülergruppe des Stromberg-Gymnasiums fürs Finale des Bundeswettbewerbs Fremdsprachen in Schwerin
James hält die Luft an. Sein Freund Jackson drückt mit den Händen auf James‘ Brustkorb und presst ihn dabei gegen die Wand der Tiefgarage. „Are you okay?“, fragt Jackson. „Yes“, röchelt James. Die Kamera zeigt sein bleiches Gesicht in Großaufnahme, dann seine über dem Boden baumelnden Füße in braunen Winterschuhen. Als Jackson von ihm ablässt, stürzt James zu Boden. Hält Jackson dies zunächst noch für einen Gag, wird er sich schnell des Ernstes der Lage bewusst und ruft einen Krankenwagen, dessen Sirene kurz darauf im Hintergrund zu hören ist.

Angefangen hatte alles recht harmlos: Frustriert über die geringe Followerzahl wollte James seinem TikTok-Account zu mehr Reichweite verhelfen. Jackson hatte die Idee, es mit ein paar Challenges zu versuchen: Den Anfang macht die „Sprite- Challenge“, bei der eine Flasche der Zitronenlimonade so schnell wie möglich getrunken werden muss – ohne Aufstoßen. Als zweite Mutprobe entscheiden sich die beiden Teenager für die „Hot-Chip-Challenge“: Zu verzehren ist ein eigens dafür hergestellter Tortilla-Chip – so scharf, dass häufig Übelkeit und Schmerzen die Folge sind. Beide Challenges übersteht James mit leichten Magenschmerzen und etwas Husten. Das Interesse der anderen TikTok-User bleibt indes überschaubar. Trotzdem möchte sich James‘ Schwester Kyra nicht in Leggings auf seinem Account zeigen – „Leggings Legs“-Trend hin oder her.
Jackson ermuntert James jedoch zum Weitermachen. So kommen beide schließlich auf die Idee, den so genannten „Pilotentest“ auszuprobieren, bei dem gezielt eine Ohnmacht herbeigeführt wird. Der Clou daran: Kurz zuvor soll sich ein Rausch einstellen. Diese Mutprobe geht nicht gut aus: James landet im Krankenhaus. An seinem Krankenbett muss sich Jackson nicht nur mit Kyras Vorwürfen, sondern auch mit seinen eigenen Schuldgefühlen auseinandersetzen. Ob James aus dem Koma erwacht, bleibt offen.

So weit die Handlung des zehnminütigen Kurzfilms „Follow the Trend?“, der großen Eindruck auf die baden-württembergische Jury des Bundeswettbewerbs Fremdsprachen gemacht hat: Sie hat das sozialkritische Werk einer Schülergruppe aus Klassenstufe acht des Stromberg-Gymnasiums aus rund 100 Einsendungen ausgewählt und mit einem ersten Landespreis gewürdigt. Als nächstes möchten Erik Behrens, Louis Bronner, Roman Fabritius, Timon Rösler, David Seilmeier, Leticia Spampinato und Asya Yilmaz auch die Bundesjury von ihrer Arbeit überzeugen. Die Chance dazu bekommen sie beim Bundesfinale, das im Rahmen des „Sprachenfests“ vom 23. bis 25. Juni in Schwerin stattfindet.
Die Inspiration zu dem Kurzfilm lieferten eigene Erfahrungen mit den sozialen Medien – und Presseberichte über außer Kontrolle geratene TikTok-Challenges bei Jugendlichen. Neben der spannenden, aus dem Leben gegriffenen Handlung sollte vor allem eine möglichst realistische und detailgetreue Umsetzung die Jury überzeugen. Obwohl der Verkauf des gefährlichen „Hot Chips“ in Baden-Württemberg und anderen Bundesländern inzwischen verboten ist, taucht im Film dennoch eine Original-Verpackung auf. Ein Schüler der Gruppe hatte sie vom Inhaber eines Ladens bekommen, wo sie im Schaufenster als Dekoration eingesetzt war. Bei der Wahl der Drehorte setzten die Gymnasiasten auf Abwechslung und Originalität: Wurden die ersten Szenen noch im Schulhaus gedreht, fanden die Dreharbeiten zur Hot-Chip-Challenge an der Bushaltestelle im Nebenweg statt. Zum Filmen des „Pilotentests“ begab sich die Gruppe an einem klirrend kalten Januarnachmittag ins Parkhaus am Vaihinger Bahnhof.
Dass der Teil des Films, der James nach der missglückten Mutprobe im Krankenbett zeigt, besonders eindrucksvoll geworden ist, liegt zum einen an der schauspielerischen Leistung von Roman Fabritius (in der Rolle des James), Louis Bronner (als Kumpel Jackson) und Asya Yilmaz (als schockierte Schwester Kyra). Einen großen Anteil daran hat aber auch der Drehort: Die Jugendlichen bekamen für einen Nachmittag vom Vaihinger Karl-Gerok-Stift ein Zimmer mit Pflegebett zur Verfügung gestellt, in dem sie filmen durften.

Beim Bundesfinale in Schwerin ist erneut der Einfallsreichtum der Schülerinnen und Schüler gefragt. Ihre Aufgabe besteht nun darin, einen aussagekräftigen Teil des Films auszuwählen und vorzustellen. Die Einführung soll auf möglichst kreative Art und Weise erfolgen und das Interesse der Zuschauer an dem Film wecken. Möglich ist beispielsweise, eine zusätzliche Szene vorzuspielen, die nicht im Film enthalten ist und ihn ergänzt. Im Schlussteil der Präsentation warten dann noch Fragen der Bundesjury auf die jungen Filmemacher.
Mit etwas Glück könnten die Jugendlichen ihren ersten Landespreis noch mit einem Bundespreis krönen. Es wäre nicht das erste Mal: Bereits 2022 und 2024 war es je einer Gruppe des Stromberg-Gymnasiums geglückt, sowohl auf Landes- als auch auf Bundesbene einen ersten Preis zu gewinnen. Im Jahr 2023 gelang immerhin ein zweiter Preis sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene. Somit steht in diesem Jahr bereits zum vierten Mal in Folge eine Schülergruppe des Stromberg-Gymnasiums im Bundesfinale des Fremdsprachenwettbewerbs.
Mit den Finalistinnen und Finalisten freuen sich auch die beiden Lehrkräfte Johanna Schaaf und Christoph Schüly, die das Projekt betreut haben. Schulleiterin Katja Kranich sieht durch den Erfolg auch das Differenzierungsangebot zur Begabungsförderung am Stromberg-Gymnasium bestätigt, in dessen Rahmen der Film entstanden ist. Dabei erhalten Schülerinnen und Schüler Raum, interessengeleitet und ohne Notendruck in selbstgewählten Projekten ihre Stärken zu vertiefen. „Der erste Landespreis beim Bundeswettbewerb Fremdsprachen legt beredtes Zeugnis davon ab, was entstehen kann, wenn man jungen Menschen den Freiraum gibt, ihre Potenziale eigenständig zu entfalten“, sagt die Schulleiterin – und drückt den Achtklässlerinnen und Achtklässlern die Daumen fürs Bundesfinale in Schwerin.
Info: Der Bundeswettbewerb Fremdsprachen wird seit 1979 jährlich von der gemeinnützigen GmbH Bildung und Begabung ausgeschrieben und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die Aufgabe in der Kategorie „Team Schule“ besteht darin, einen Film oder ein Hörspiel von maximal zehn Minuten Länge zu einem beliebigen Thema in einer oder mehreren Fremdsprachen einzusenden.
Bericht: Sy, Fotos: Screenshots aus „Follow the Trend“